Beitrag vom Donnerstag, 01. März 2018
Zwei Staatshaushalte im Vergleich
Die Vorschläge für den aktuellen Staatshaushalt in Norwegen und Schweden wurden von den Regierungen vorgelegt. Anlass für mich, diese einmal zu vergleichen.
Das Erstaunliche zu Beginn:
In Schweden rechnet man mit 1043 Mrd. SEK an Einnahmen (rund 103,7 Mrd. Euro), von denen 999 Mrd. SEK (rund 99,3 Mrd. Euro) ausgegeben werden sollen.
In Norwegen sind Einkünfte in Höhe von 1253 Mrd. NOK (rund 130 Mrd. Euro) veranschlagt. Ausgegeben werden sollen 1325 Mrd. NOK (rund 137,5 Mrd. Euro).
Die Zahlen in Staatshaushalten sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, denn es gibt eine Brutto- und eine Nettorechnung. Zudem sind die Strukturen in den einzelnen Ländern sehr verschieden. So hat zwar Schweden knapp doppelt so viele Einwohner wie Norwegen, in vielen Investitionsbereichen, z.B. im Straßenbau, liegen die Kosten jedoch in Norwegen doppelt so hoch wie in Schweden. Schweden besitzt zudem eine deutlich kompaktere Infrastruktur.
Die hohen Kosten in Norwegen (Löhne, Produktpreise) können als Folge der Ölwirtschaft und dem daraus resultierenden stark abgeschotteten Binnenmarkt angesehen werden (Infos dazu hier).
Ein Vergleich:
Das wirtschaftlich sehr starke Deutschland hat knapp 83 Mio. Einwohner und dabei einen Bundeshaushalt von „nur“ 329 Mrd. Euro.
Norwegen (5,3 Mio. Einwohner) – 137,5 Mrd. Euro
Schweden (10,1 Mio. Einwohner) – 99,3 Mrd. Euro
Am ehesten lässt sich der norwegische Haushalt mit dem dänischen Vergleichen. Bei 5,7 Mio. Einwohnern hat Dänemark einen Haushalt von 1 146 Mrd. DKK, was 143,9 Euro entspricht und abzüglich des norwegischen Geldes aus dem Öl- und Gasverkauf über dem norwegischen Wert liegt.
Der Staatshaushalt hängt auch davon ab, wie viele der Investitionen von privaten oder öffentlichen Trägern übernommen werden, also wie viele Einnahmen der Staat gewillt ist zu generieren und wie stark dieser sich „einmischt“, z.B. in den Bereichen Gesundheit (Krankenhäuser), Transport (nicht öffentlich finanzierte Straßen) und Bau (staatliche oder private Bauunternehmen). In Kommunen können Projekte auch über das Sponsoring durch große, ortsansässige Unternehmen übernommen werden.
Der Haushalt hängt ebenfalls davon ab, wie viel Geld schon vorab für Gebühren, Fondszahlungen, Schuldenabbau, Abzahlungen und ähnliches abgezogen wird.
Der Unterschied zwischen dem Brutto- und dem Netto-Haushalt (so will ich es einmal nennen) kann entsprechend groß sein. Der Brutto-Staatshaushalt ist in dieser Liste zu finden.
Aktuelle Zahlen habe ich für Schweden gefunden. Die Einkünfte werden für 2018 mit 2.098 Mrd. SEK (208,5 Mrd. Euro) angegeben. Jedoch nur 999 Mrd. SEK fließen auch wirklich in die Haushaltsplanung ein. Im Falle Norwegens fließen vom Bruttohaushalt viele Gelder in den Pensionsfonds.
Die Staatsverschuldung:
In Schweden beträgt diese 42 % vom BIP. In Norwegen 29,6 %.
Schweden wird also wahrscheinlich die gesparten Gelder in die Tilgung der Staatsschulden investieren, wohingegen Norwegen neue Schulden aufnimmt. Die Schulden Norwegens sind jedoch durch den 865 Mrd. schweren staatlichen Pensionsfonds gedeckelt.
Ausgabenposten im Vergleich
Norwegische und schwedische Krone haben ungefähr den gleichen Wert (1:1,04).
Der wesentliche Unterschied in den Ausgaben ist der soziale Bereich, der Zuschüsse für Krankenhäuser, Heime, Sozialleistungen und Renten umfasst.
Für Renten werden in Norwegen 223,1 Mrd. NOK (23,5 Mrd. Euro) ausgegeben. Der Betrag wird ungefähr durch ungefähr durch die Zuschüsse aus dem Öl- und Gasgeschäft gedeckelt, die abzüglich von Investitionen in die Branche 183 Mrd. NOK betragen.
Der Posten für schwedische Rentner beträgt lediglich 34,6 Mrd. SEK (bei doppelter Einwohnerzahl).
Die norwegischen Ausgaben liegen also rund 190 Mrd. NOK über den schwedischen.
Übrigens, die deutschen Ausgaben liegen bei 83,5 Mrd. Euro.
Krankenhäuser und Heime erhalten in Norwegen 147,8 Mrd. NOK (rund 15,6 Mrd. Euro), in Schweden lediglich 77,7 Mrd. SEK (7,7 Mrd. Euro). Es existieren in Schweden kompaktere Strukturen, die in Norwegen derzeit erst geschaffen werden. Außerdem sind die Lohnkosten in Schweden niedriger.
Die Unterstützung für Kinder und Familien ist einwohnerbereinigt etwa gleich, wobei natürlich Norwegen teurer ist und daher norwegische Eltern am Ende etwas weniger Geld in der „Tasche“ haben:
Kindergeld: 16,8 Mrd. NOK in Norwegen, 31,6 Mrd in Schweden
Elterngeld: 21,1 Mrd. NOK in Norwegen, 43 Mrd. in Schweden
Universität / Fachhochschulen: 78 Mrd. SEK in Schweden, 38,6 NOK in Norwegen. Die Summe ist im Verhältnis zur Einwohnerzahl ungefähr gleich.
Für das Verkehrssystem Norwegens sind Ausgaben in Höhe von 59 Mrd. NOK (rund 6,2 Mrd. Euro) veranschlagt. 23,1 Mrd. NOK für die Bahn und 35,9 Mrd. NOK für Straßen. In Schweden liegt der Betrag für Schiene und Straße bei rund 47 SEK (rund 4,7 Mrd. Euro).
In Norwegen sind die Strukturen sehr weitläufig, was eine teure Verwaltung und eine kostenintensive Infrastruktur zur Folge hat.
Norwegens Kommunen erhalten 164 Mrd. NOK. Für Schwedens Kommunen sind 111,4 Mrd. SEK vorgesehen.
Fazit
Der Rohstoffhandel machte Norwegen zu einem teureren Land, wodurch viele Produkte und Dienstleistungen doppelt so viel kosten wie im Nachbarland Schweden. Gleichzeitig können die Erlöse aus dem Öl- und Gasgeschäft zu einem Großteil nicht genutzt werden.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Norwegen und Schweden ist der Export. Dieser wird in Norwegen zu 37 % durch die Ausfuhr von Öl und Gas geprägt. Zieht man diese Rohstoffe, die ja nur zu 17 % in den Staatshaushalt einfließen, ab, so erzielt Norwegen einen Exporterlös von nur 79.000 US-Dollar. Schweden hingegen erreicht eine Summe von rund 227.000 US-Dollar.
Die Einkünfte für den Staatshaushalt Norwegens basieren auf einer hohen Abgabenstruktur und einem starken Binnenhandel. Es wird auch ohne den Handel mit Öl und Gas mehr Geld generiert als im Nachbarland Schweden, das viele Einkünfte aus dem Export bezieht. Es ist denkbar, dass die exportorientierten Betriebe Schwedens relativ wenig Steuern zahlen und dies zu geringeren Einnahmen führt.
Norwegen investiert deutlich mehr Geld in die Altersvorsorge seiner Bürger, als Schweden. Dieses Geld wird jedoch zu einem Großteil durch Einnahmen aus dem Rohstoffhandel gedeckelt.
Des weiteren sind die Sozialausgaben und die Ausgaben für die Verwaltung in Norwegen deutlich höher als in Schweden. Hier sollen in den kommenden Jahren durch eine Zusammenlegung von Gemeinden und Fylken und durch die Schaffung größerer Krankenhausstrukturen Gelder gespart werden.
Quellen: Budget Schweden, Budget Norwegen, Budget Dänemark, Bundeshaushalt,
Verfasst von Martin Schmidt
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