Beitrag vom Dienstag, 29. November 2016
Verlorene Orte in Norwegen
Mit dem Begriff „Lost Place“ werden allgemein Orte bezeichnet, denen einst eine bestimmte Bedeutung zukam, heute jedoch verlassen und oft auch, zumindest teilweise, vergessen und heruntergekommen sind. Solche „Lost Places“ können Industrieanlagen sein, einzelne Häuser, wie z.B. Hotels, Militäranlagen, wie Bunker, oder auch ganze Orte.
Verlassene Häuser findet man im ländlichen Norwegen reichlich. Vor allem in jenen Regionen, in denen die Landflucht deutlich zu spüren ist, wurden viele Häuser Wind und Wetter „übergeben“. Zahlreiche menschenleere Gebäude finden sich beispielsweise in der Region Finnmark, also dem nördlichsten Teil des Landes. Fündig wird man im Prinzip in allen abgelegenen Orten, wie z.B. Hamningberg oder auf der Insel Sørøya bei Hammerfest. Hier fand sich bis 2013 eine weitere Besonderheit. 1994 lief vor dem Ort Sørvær das sowjetische Schiff „Murmansk“ auf Grund. Der 1955 erbaute Cruiser befand sich auf dem Weg zur Verschrottung in Indien. Erst 2012 konnte um das Schiff herum ein Trockendock errichtet werden, welches die Demontage des Schiffes zuließ.
Aus einer eher dunklen Zeit der norwegischen Geschichte stammen die verlorenen Orte entlang der Küste. Rund 300 Küstenforts und Bunker wurden im Rahmen des sogenannten Atlantikwalls während des Zweiten Weltkriegs errichtet. Die meisten dieser Anlagen sind noch immer vorhanden, nur wenige wurden im Rahmen von Museen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wie z.B. das Ergan Küstenfort in Bud in Møre og Romsdal. Auch das am besten erhaltene Fort des Landes, das Kvalvik Fort bei Kruistiansund, liegt in dieser Provinz.
Viele der Locations sind jedoch dem Verfall Preis gegeben, zeugen aber trotzdem oft noch, obgleich zurückerobert von der Natur und von Pflanzen überwuchert, eindrucksvoll von einer düsteren Vergangenheit. Eine Liste mit Anlagen in der Provinz Møre og Romsdal findet sich auf dieser Seite.
Ebenfalls aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs stammt ein Lazarett in der Nähe der nordnorwegischen Stadt Lakselv. Von einem Parkplatz an der E 6 aus führt ein Weg in den Wald zur verlassenen und überwucherten Anlage. Bilder
Noch einmal 100 Jahre älter sind hingegen die versunkenen Höfe des Norangsdals. Diese gingen 1908 in einer von einem gewaltigen Erdrutsch ausgelösten Flutwelle unter und liegen heute in einem damals entstandenen See. Wer genau hinschaut kann die Umrisse der Gebäude gut erkennen.
Natürlich sind diese wenigen Häuser nichts gegen die Siedlung Pyramiden auf der zu Norwegen gehörenden Inselgruppe Spitzbergen. In Folge des 1920 geschlossenen Spitzbergen – Vertrags dürfen alle Unterzeichner auf Spitzbergen, das auch Svalbard genannt wird, Orte gründen, Handel treiben und Bodenschätze fördern, insofern diese die norwegische Verwaltung anerkennen und achten.
An jener Stelle, an der heute die Geistersiedlung Pyramiden liegt, begann zunächst ein schwedisches Unternehmen 1921 mit der Kohleförderung. Die Anlage wurde aber später an die sowjetische Trust Arktikugol verkauft.
Nachdem zunächst sowohl Bergbau, als auch Tourismus blühten, und 1000 Menschen hier eine Heimat hatten, ging es nach der Wende mit der Siedlung bergab. Am 3. März 1998 fuhr der letzte Kohlewagen ein.
Pyramiden ist bis heute komplett erhalten und nur Ziel einzelner Touristengruppen.
Übrigens, wenn ihr selbst mal Lust habt einen „Lost Place“ aufzusuchen, dann findet ihr spannende Tipps und Bilder auf der Seite lost-place.org. Neben Tipps, wie du herausfindest, ob eine Location auch wirklich verlassen ist, bietet dir die seite auch umfassende Informationen zur Fotografie. Denn im Prinzip ist diese ja für viele neben dem Besuch des eigentlichen „verlorenen Ortes“ ja das Wichtigste. Man möchte mit beeindruckenden, meist magischen oder schaurig-schönen Bildern, andere an diesem Erlebnis abseits des Weges teilhaben lassen.
Verfasst von Martin Schmidt
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