Beitrag vom Sonntag, 01. September 2013
Unter Elchen – Christian Morgenstern in Norwegen
Viele werden ihn kennen, Christian Morgenstern, den Verfasser der humoristischen, wie auch tiefgründigen Galgenlieder. Vom Mondschaf ist da die Rede, vom Ginganz, einem Trichter, durch den das Mondlicht fällt und einem Seufzer, der Schlittschuh fährt.
Morgenstern war ein Dichter, der die deutsche Sprache spielerisch beherrschte.
Als nun der in Deutschland immer bekannter werdende norwegische Dichter Henrik Ibsen sich unzufrieden über die deutschen Übersetzungen seiner Werke zeigte, wendete sich der S. Fischer Verlag an Christian Morgenstern.
Er scheint ihnen »als ein junger deutscher Dichter […] als Neuschöpfer Ibsenscher Poesie« gerade richtig. Morgenstern kommt das Ansinnen wie gerufen, kann er doch somit seine Existenz für circa drei bis vier Jahre sichern.
Im Oktober 1897 wird der Vertrag geschlossen und Morgenstern macht sich an die Arbeit. Beachtenswert ist dabei, dass der die Sprache noch nicht beherrscht, jedoch schon im April 1898 den ersten Band der Werksauflage vorlegt. Die in der Morgensternschen Übersetzung noch heute erhältlich ist.
Im Mai 1898 reist er schließlich nach Norwegen, um Ibsen zu treffen und das Land besser kennen zu lernen. Aus dieser Zeit stammen zwei schöne Norwegen-Zitate:
„Die Reize dieser Landschaft sind in ihrer fortwährenden Abwechslung nicht zu beschreiben.“
„Alle Kinder müßten in Norwegen aufwachsen.“
Ibsen seinerseits ist von seinen Übersetzungen sehr angetan:
„Ja, ich finde sie außerordentlich gelungen, die Verse sind in so fließendem Deutsch, wie ich das bei einer Übersetzung gar nicht für möglich gehalten hätte.“
Ob übrigens folgendes Gedicht von Christian Morgenstern auch ein Ergebnis seines Aufenthaltes in Norwegen war, lässt sich nicht sagen. Möglich ist es allerdings schon:
Der Elch
Ein Elch geht nächtlich an den Teich
baden,
er wäscht sich erst die Zehen bleich
und dann die Waden.
Zum Schlusse taucht er das Geweih
ein ‒
ei!
Nun ist er endlich sauber.
In der Ferne gurrt ein wilder Tauber.
Christian Morgenstern
Verfasst von Martin Schmidt
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