Beitrag vom Freitag, 10. Oktober 2014
Ein Versuch Trauer und Trost in Worte zu fassen
Marys Bericht aus Norwegen:
„Nicht alles was geschieht, während man so in der Weltgeschichte unterwegs ist, ist schön. Wenn man aufbricht, bereitet man sich darauf vor, dass vieles passieren kann. Dass man vielleicht manche Menschen nicht mehr wieder sehen wird. Nun ist also genau das geschehen. Ein Mensch, der mir unglaublich wichtig ist und mich in so vielerlei Hinsicht ausmacht, ist nicht mehr hier.
Sie hätte diesen Ort hier, die Berge, das Wandern, die liebenswerten Menschen so sehr geliebt. Mein Mut hierher zu kommen und mich in so ein neues Leben zu stürzen ist nur ein winziger Bruchteil von dem Mut, den sie ihr Leben lang bewiesen hat. So viele der Eigenschaften, die mir hier immer wieder zugeschrieben werden und für die ich hier gelobt und gemocht werde, kommen in so großem Maße auch von ihr. Ihre Begeisterung für die kleinen Ding in jedem Tag, ihre Faszination für so vieles und ihre Freude, Positivität und Leidenschaft und ihre Liebe für ihre Mitmenschen. Ihre Stärke, ihr Durchhaltevermögen und ihr Interesse an Neuem und am Ausprobieren.
Ich weiß nicht wie viele von euch, die so Martins Webseite lesen und vielleicht auch das hier, Auswanderer sind und vielleicht ähnliches Erfahrungen gemacht haben. Es ist ein Teil dieser Zeit und dieser Erfahrung und es gibt vielleicht auch einige andere, die das hier erleben oder befürchten es zu erleben. Wo will ich also nun mit diesem Text hin? Will ich versuchen mich und euch zu trösten? Will ich einfach nur loswerden, was mir so schwer auf der Seele liegt? Sie hätte gewollt, dass ich euch Hoffnung und etwas Positives mit auf den Weg gebe.
Aber es tut weh. Selbst wenn ich wenigstens zur Beerdigung nach Deutschland fliegen konnte, es ist wirklich schwer zu realisieren, dass sie nicht mehr da ist. Ich habe den Trost, dass sie so wie sie es wollte, auf eine gute Art und Weise gehen durfte und wir wenigstens noch ein paar mal telefonieren durften, aber nun verstehe ich, was es bedeutet, wenn man sagt, jemand hinterlässt eine Lücke. Diese Lücke ist so groß, dass ich es einfach nicht begreife, dass sie überhaupt da sein kann. Es ist einfach nicht vorstellbar, dass sie nicht mehr hier ist.
Und natürlich ist es auch schwer in dieser Zeit nicht immer und nicht viel für die anderen Menschen, die sie genauso wie ich vermissen, da sein zu können. Was soll ich uns allen also tröstendes mit auf den Weg geben? So viele haben es in den letzten Tagen versucht. Mit „sie ist jetzt an einem besseren Ort“, „du hast einen Schutzengel mehr“, „es war gut, dass es jetzt, so und schmerzlos passiert ist“. Und all das hilft auch. Aber was mir am meisten hilft, ist weiter wie sie zu sein. Meine Arbeit mit Begeisterung zu machen, diesen Ort hier und die Menschen hier und in Deutschland zu lieben und ihnen das zu zeigen so gut ich kann. Genauso wie sie es getan hätte. Ich weiß nicht und ich bin auch nicht in jedem Augenblick meines Tages gleich erfolgreich darin, das zu tun, aber vielleicht ist das das Einzige, was wirklich hilft. Einen so besonderen Menschen in sich selbst weiterleben zu lassen so gut man das kann.“
Verfasst von Martin Schmidt
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