Trockenfisch Stockfisch Lofoten

Beitrag vom Donnerstag, 21. März 2019

Tørrfisk – Norwegischer Stockfisch

Reist man im Sommer über die Lofoten, fallen die zahllosen leeren, an allen möglichen und unmöglichen windexponierten Stellen errichteten Gestelle auf. Im Winter und zeitigen Frühling stechen die Holzgerüste ebenfalls ins Auge, wobei man dann über deren Bedeutung nicht mehr lange rätseln muss. Optisch und geruchlich wird schnell klar, dass auf ihnen Fisch „abhängt“, der im Laufe der Zeit 80 % seines Gewichts verliert. Immer zwei von Innereien und Kopf befreite Exemplare werden am Schwanz zusammengebunden und über einem Stock (stokk) luftgetrocknet, was ihnen den Namen Stockfisch (stokkfisk) einträgt. Entfernt man weitere Teile des Tiers, so spricht man vom rotskjær, råskjær oder auch splittfisk. Im Norwegischen üblich, und im Alltag am häufigsten verwendet, ist jedoch der allgemeine Begriff tørrfisk, der mit Trockenfisch übersetzt werden kann. Er leitet sich von den altnordisch-isländischen Bezeichnungen turrfiskr bzw. Þorrfiskur ab und bildet auch in verkürzter Form die linguistische Grundlage für das Wort torsk (Dorsch).
Eine zweite Konservierungsmethode neben jener an der Luft und jene durch Salz, die sich ab dem 18. Jahrhundert durch einem Preisverfall des Minerals etablieren konnte. Der so genannte Klippfisch (klippfisk) wurde auf Steinen, also Klippen, ausgebreitet und großflächig eingesalzen. Drohte Regen, musste das „Gold des Meeres“ schnell gestapelt und abgedeckt werden.
Schon zu Wikingerzeiten führten Händler getrockneten Fisch aus. Zum Exportschlager wurde er jedoch erst durch den Bedarf katholischer Länder an einem fleischfreien Fastenessen. Im Portugisischen besitzt er sogar eine eigene, mittlerweile international bekannte Bezeichnung: Bacalhau.

Trockenfischqualität

Trockenfisch ist nicht gleich Trockenfisch. Frost, Schimmel und Vögel können die Qualität massiv beeinträchtigen. Allein die Hanseaten unterschieden nach 24 Standards. Die höchste Vollkommenheit besaß der Holländer-Rundfisch. Momentan wird der Trockenfisch in drei Kategorien vorsortiert. Diverse Merkmale in den Bereichen Qualität, Dicke und Länge führen zur Weitersortierung in 30 Untergruppen.
Qualitativ hochwertiger Fisch der Kategorien prima und sekunda werden in verschiedene europäische Länder, unter anderem Italien, Spanien, Portugal und Schweden, exportiert. Die dritte Kategorie verlässt in Richtung Afrika das Land. So werden nach Nigeria Dorschköpfe ausgeführt, die dort gemahlen als Proteinquelle dem Essen beigemengt werden.

Laugenfisch

Eine besondere Variante des Trockenfischs ist der lutefisk (Laugenfisch). Warum man angesichts der Konsistenz, des Geschmacks und Geruchs gelaugten Fisch überhaupt herstellt und vor allem isst, ist selbst vielen Norwegern nicht völlig klar. Böse Zungen behaupten jedenfalls, er sei ein guter und triftiger Grund für einen kräftigen Schluck Aquavit. In jedem Fall ist der Laugenfisch noch immer eines der klassischen Weihnachtsgerichte, jedoch mit Tendenz nach unten auf der Beliebtheitsskala.
Der Weg des lutefisk in die norwegische Küche konnte bislang noch nicht abschließend geklärt werden. Im Grunde existieren nur zwei Mythen. Entweder, so wird berichtet, soll ein Lager mit Trockenfisch durch einen Blitzeinschlag in Flammen aufgegangen sein. Der Fisch weichte in der alkalischen Asche liegend im Regen auf. Die wabbelige Masse war am Ende zwar scheußlich anzusehen, aber nicht giftig. Wegschmeißen wollte man sie aus wirtschaftlichen Gründen nicht, also machte man sich daran, sie zu verzehren.
Vielleicht hat der Laugenfisch aber auch etwas mit einem Mann zu tun, der vor langer Zeit einmal sterbenskrank im Bett lag. Zubereiteten, also in Wasser wieder aufgeweichten Stockfisch wollte man ihm reichen. Doch leider fiel das ganze Essen in ein Fass mit Lauge. Um es frei weg entsorgen zu können, war man zu arm. Also musste der arme Mann zu sich nehmen, was ihm an diesem schicksalsträchtigen Tag serviert wurde. Bloß gut, dass er auf seine Familie hörte, denn er wurde daraufhin wieder vollständig gesund.
Wie es nun auch immer war, verbürgt ist hingegen die Herstellung des Laugenfischs. Getrockneter Fisch wird zunächst ganz normal fünf bis sechs Tage in Wasser aufgeweicht, woraufhin ihm nochmals zwei Tage lang Lauge zugesetzt wird. Der Fisch quillt auf, sein Proteingehalt verringert sich um 50%. Der pH-Wert beträgt nun 11-12, was bei sofortigem Verzehr zu Vergiftungserscheinungen führen würde. Um ihn unbedenklich verzehren zu können muss der Fisch nochmals 10 Tage lang in kaltem Wasser „baden“.

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