Beitrag vom Freitag, 27. September 2024
Schließung des Theaters Oslo Nye politisch gewollt
Das „Oslo Nye Theater“ (Oslo Neues Theater) ist das einzige städtische Theater der norwegischen Hauptstadt. Jährlich 140.000 Menschen besuchen die künstlerisch einzigartigen Vorstellungen jedes Jahr, 45 Prozent der Gäste sind dabei Kinder. Der konservative Stadtrat hat nun beschlossen, das Budget des Theaters, dass 2029 sein einhundertjähriges Jubiläum feiern würde, in einem Umfang zu kürzen, dass dies einer Schließung des Hauses gleichkommen würde. Lediglich das Trikkestallen Kindertheater soll bestehen bleiben. Für eine Kulturstadt, wie es Oslo ist und eigentlich auch weiterhin sein möchte, ist dies an Peinlichkeit kaum zu überbieten. Als Grund für die Schließung wird angeführt, dass das Theater jahrelang über seine Verhältnisse lebte und an sich schon einen Großteil des Kulturbudgets verschlingen würde. Dies kann angesichts der Zahlen nur als Ausrede angesehen werden. Jene Partei, also Høyre, die sich einst als Förderer des Neuen Theaters verstand, möchte nun der Henker sein. Der Tot des Hauses ist politisch gewollt.
Zu den Zahlen. Das Theater gehört zu 100 % der Stadt Oslo. Für die verschiedenen Bühnen muss trotzdem an die Stadt eine nicht gerade geringe Miete gezahlt werden. Diese orientiert sich am Konsumindex und wurde immer wieder schrittweise angepasst, sprich erhöht. Der Anstieg bei Löhnen und allgemeinen Kosten belief sich in den letzten Jahren auf 50 %. Gleichzeitig jedoch lag der Zuwachs bei den Zuschüsse für das Theater bei lediglich knapp 13 %. 2014 erhielt das Haus aus dem Stadtsäckel 80 Mio. Kronen, 2024 waren es 90 Mio., also umgerechnet rund 7,8 Mio. Euro. Durch neue Gesetze bei der Pensionsverordnung und als Nachwirkung der Coronazeit entstand 2023 eine Finanzierungslücke von 30 Mio. Kronen, rund 2,6 Mio. Euro. Diese wurde vom Stadtrat zunächst geschlossen.
Das Kulturbudget der Stadt Oslo beträgt im Jahr 2024 rund 1,3 Mrd. Kronen (rund 111 Mio. Euro). Das Neue Theater erhält davon 7 %.
Die Zahlen belegen klar, dass, anders als von der Partei Høyre und der Kulturstadträtin Anita Leirvik North zynisch behauptet, das Theater eben nicht über seine Verhältnisse lebt, sondern seit Jahren unterfinanziert ist. Zudem erhalten die Bühnen eben nicht einen Großteil des Kulturbudgets der Stadt, ganz im Gegenteil.
Zum Vergleich, die Bühnen der Stadt Halle, einem Ort mit 220.000 Einwohnern, bestehend aus dem Neuen Theater, der Oper und dem Symphonieorchester, erhalten 2024 26,4 Mio. Euro. Das 7,8 Millionen Euro-Budget des vier Spielstätten umfassenden Oslo Nye Teater erscheint dahingehend sehr schmal und soll nun also noch um 40 % auf 53 Mio. Kronen (rund 4,6 Mio. Euro) gekürzt werden. Die Zeitung Avia Oslo fragt sich angesichts dieser Zahlen, wo da die von Høyre so viel beschworene Nachhaltigkeit ist? 90 Millionen wurden für 1427 Publikumsplätze ausgegeben. 53 Millionen werden nun in 230 Plätze im Trikkestallen investiert. Sinn ergibt das nicht. Zudem ist ungeklärt, wie die 63.000 minderjährigen Gäste des Theaters nun mit so wenig Zuschauerplätzen auskommen sollen? Außerdem dürfen sich die verbleibenden 77.000 jährlichen Zuschauer nun andere Spielstätten suchen. Was angesichts der hohen Besucherauslastung der anderen Bühnen spannend werden dürfte. Wahrscheinlich bleiben viele dann einfach zu Hause und schauen Netflix. Politisch scheint das so gewollt zu sein.
Noch ein Nachtrag. Das Haushaltsbudget der Stadt Oslo soll für das Jahr 2025 mehr als 105 Milliarden norwegische Kronen (!!) betragen, also rund 9 Milliarden Euro – ein verglichen mit deutschen Städten gewaltige Summe. Die 37 Millionen Kronen, die beim Oslo Nye Teater nun eingespart werden sollen, entsprechen rund 0,035 % des Gesamtbudgets. Peanuts also, die jedoch dem Theater das Leben kosten werden.
Zum Vergleich, der Haushalt der Stadt Frankfurt/Main liegt bei 6 Mrd. Euro, der Leipzigs bei 1,4 Mrd. München gibt rund 8,8 Mrd. pro Jahr aus.
Verfasst von Martin Schmidt
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