Beitrag vom Mittwoch, 30. September 2020
Norwegische Farben
Bei einer Reise in den Norden fallen die vielen schmucken Holzhäuser mit ihren wundervollen Farben auf. Rot und Weiß sieht man am häufigsten, aber auch blaue, ockerfarbene, braune oder gar schwarze Farbtöne.
Die Farbe gibt dem Haus einen eigenen Charakter, sagt etwas über den Besitzer und/oder den Ort aus. Sie kann bauliche Details hervorheben oder „überspielen“ und eintönige Wände bekommen Leben
Ursprünglich mussten norwegische Holzhäuser jedoch erst mal über Jahrhunderte hinweg ohne Holzpaneel-Verkleidung und ohne Anstrich auskommen. Farbe kostete Geld, und dass war im Armenhaus Europas schlichtweg knapp. Einzig Teerfarbe fand seit dem 12. Jahrhundert Anwendung, um Stabkirchen und Lagerhäuser (Stabbur) zu konservieren.
Die Verwendung von anderen Farben wird in das 18. Jahrhundert datiert. Dabei griff man auf billige, erdene Pigmente, wie Englischrot, Ocker, Umbra und Sienna, zurück. Nur Gebäude der Oberschicht erstrahlten in Weiß oder Preußisch-Blau. Hatte man nur wenig Geld, wollte aber trotzdem repräsentieren, wählte man zwei Farben. Weiß für die Vorderseite und einen preiswerten Rotton für die Rückseite. Im Ort Havnnes in Nordnorwegen erstrahlen die Häuser noch heute zweifarbig.
Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts orientierte man sich zunehmend am Rokokostil und begann helle Pastellfarben zu verwenden. Vorbilder waren kontinentaleuropäische Sandstein-, Kalkstein- und Marmorbauten.
In der Zeit des Klassizismus und des Empire, 1800 – 1840, waren noch immer die europäischen Steinbauten das große Vorbild. Man kann drei Farbstile unterscheiden:
-Dunkelgrau mit hellen Zierleisten.
-Weiß, blasses Rot oder blasses Gelb mit grauen Zierleisten.
-Sandfarbene Holzpaneele mit helleren oder dunkleren Zierleisten der gleichen Farbe.
In der Zeit des Spätempire (1840-1870) werden die Farben wärmer. Erdtöne und Grau dominieren. In Nordnorwegen erhalten viele Rorbuer (Stelzenhäuser) zudem eine rote Farbe, die aus Tran hergestellt wird. In Ostnorwegen hingegen verwendet man die Teerfarbe nun auch für Wohnhäuser.
Ein zwischen 1870 und 1920 in Norwegen weit verbreiteter Baustil war der sogenannte Schweizerstil. Dieser orientierte sich an der mitteleuropäischen Holzarchitektur und wurde durch neue Methoden der Holzbearbeitung möglich. Es dominierten weiterhin warme, erdene Farben, wobei sich die Palette der Nuancen vergrößerte. Üblich waren helle Farben für die Paneele und dunklere Kontrastfarben für die Zierleisten.
Eine norwegische Sonderform des Bauens, ist der sich an den Stabkirchen orientierende Drachenstil (1890-1910). Typisch für diese Gebäude war eine rot-weiß Kombination.
Im Gegensatz dazu stand der Jugendstil (1900-1920) mit sehr gedämpften, meist hellgrauen, Farbtönen.
1910-1930 wurden alte Elemente wieder aufgegriffen. Es dominierten Weiß und Rot, aber auch unbehandeltes Holz kam zum Einsatz. Die Zeit des Neoklassizismus mündete in den Fuktionalismus (1930-45). Er stellt einen Bruch mit den bisherigen Baustilen dar. Es dominierten kantige Formen. Die Farbtöne waren meist orange, zitronengelb, tomatenrot und apfelgrün, aber auch blau.
Der Fuktionalismus wurde vielerorts nach dem Krieg wieder aufgegriffen. Typische Farben waren nun Rot, Gelb, Grün, Grau und Weiß.
Zwischen 1960 und 1980 kamen zunehmend vorgefertigte Häuser aus dem Katalog in Mode. Beliebt waren nun sogenannte Naturfarben, also braun und grau.
Im Postmodernismus (1980-2000) wurde nun häufig der Schweizerstil wieder aufgriffen, nicht immer jedoch dessen Farben. Es dominierte das Weiß, seltener waren Gelb, Blau und Rot anzutreffen.
In der heutigen Zeit, dem Neofunktionalismus (ab 2000), dominieren wieder kantige Formen. Die Farben sind häufig Weiß, Grau und Schwarz. Gerne lässt man das Holz auch unbehandelt.
Quelle und viele Beispielbilder: Hus og Farge
Tipps zur Garten und Farbgestaltung gibt’s bei Villa Jähn.
Verfasst von Martin Schmidt
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