Beitrag vom Montag, 23. September 2013
Norwegen im 18. Jahrhundert
Wer Norwegen verstehen will, muss auch einen Blick zurück, in die Geschichte des Landes wagen. Denn viele von den Traditionen und Teile der norwegischen Lebensart, mit ihrem unmittelbarem Bezug zur Natur, haben seine Wurzeln im 18. und 19. Jahrhundert. Also in einer Zeit, da man noch zu Dänemark gehörte, bzw., ab 1814, zu Schweden. Damals war Norwegen sehr ländlich geprägt. Überall gab es Bauernhöfe und die Menschen versuchten sich mit Ackerbau und Fischfang meist mehr schlecht als recht „über Wasser“ zu halten. Die zerklüftete Landschaft mit ihren mächtigen Bergen und tiefen Fjorden, die Wetterumschwünge und der karge Boden stellten ein stete Herausforderung dar. Einen Abriss der Geschichte Norwegens, die im Gegensatz zu anderen Ländern meist eine recht friedliche war, findet ihr hier.
Im Folgenden eine Beschreibung des Landes aus Johann Hübners „Geographie zweiter Teil“ aus dem Jahre 1735. Diese sagt viel über das Land und die Gegebenheiten im frühen 18. Jahrhundert aus. Der Text ist trotz seines Alters recht gut zu verstehen. Macht euch ruhig die Mühe und tretet diese Reise in die Vergangenheit an:
Von der Beschaffenheit des Landes
„Das ganze Land ist mit großen Gebürgen durchschnitten, so daß man ofte 12 Meilen reisen muß, ehe ehe man wieder einen Menschen antrifft. Zwischen diesen Gebirgen aber sind grosse, schöne und fruchtbare Thäler, darinnen gute Aecker und Wiesen gelegen sind, davon Menschen und Viehe ihren Unterhalt haben; Deswegen das Land an Einwohnern keinen Mangel hat, ob Norwegen gleich in diesem Stücke mit Dänemark in keine Vergleichung kömmt.
Zwischen den Gebürgen findet man auch die schönsten Wälder, daraus nicht nur Brenn- und Bau-Holz, sondern auch die höchsten Mast-Bäume, sonderlich viel tausend Schock Bretter, und andere zum Schiffs-Bau gehörige Materialien, gehauen und in Schneide-Mühlen mit grosser Behändigkeit und mit wenigen Kosten gesägt werden. Deselben bedienen sich nicht nur die Einwohner und die benachbarten Dänen, sondern Norwegen kan auch mit Recht die Holz-Kammer der Holländer und Engelländer genennet werden.
An der Nord-See hat das Land auch einen sehr guten Nachbar. Denn es sind auf dem Ufer undzähliche Seen, welche sie FIOERDEN nennen, darinnen eine ungläubliche Menge von See-Fischen gefangen, und in andere Länder verführet wird.
Von den hohen Gebürgen stürzen auch unzähliche süsse Wasser-Ströhme herunter, daraus die schönsten Seen gebildet werden, darinnen vortreffliche Fische von allerhand Sorten, und sonderlich viele Lachse gefangen und geräuchert werden.
Die Wälder sind voller Wildpret und Feder-Viche, imgleichen werden da viel Renthiere, Luchse, Wölfe, Marder, Bären, Füchse, Vielfrasse, Hermelin und andere wilde Thiere gefangen, denen die Einwohner die Felle abziehen und aus dergleichen Peltzwercke, welches in alle Welt verführet wird, ein grosses Geld ins Land ziehen.
Eisen-Bergwerck sind genug im Lande, und seit hundert Jahren sind auch verschiedene Silber-Bergwercke entdeckt und angebauet worden. Wie sich denn auch in den Gebürgen, Marmor, Ehrzstall und Agat-Steine finden. Es scheinet aber, als wenn die Einwohner kein Vergnügen hätten unter dem Erd-Boden herum zu wühlen, da sie über dem Erd-Boden schon genug zu thun haben, wenn sie ihre Viehzucht, ihre Fischereyen, und ihre Jägereyen abwarten wollen.
Alles das Gute aber, was wir bishero dem Lande nachgesagt haben, erstreckt sich nur bis an den CIRCULUM POLAREM: Denn was über dem 66. Grade in der ZONA FRIGIDA lieget, das darff man wohl eben kein irrdisches Paradies vor die Menschen nennen, ob sich gleich die wilden Thiere gar wohl darinn befinden. Jedoch ist dieses was gutes an diesem Nordischen Theile von Norwegen, das überhaupt keine giftigen Thiere, ja nicht einmahl Ratten und Mäuse darinnen gefunden werden.“
Verfasst von Martin Schmidt
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