Kos Hygge Flagge

Beitrag vom Donnerstag, 16. November 2017

Kos – Das norwegische Hygge

Nach den Schneefällen der letzten Tage ist es nun also gewiss, der norwegische Winter nähert sich mit großen Schritten. Zeit also für Hygge. Doch ist diese Art der Regeneration und der Erholung eigentlich in Norwegen ähnlich verbreitet wie in anderen skandinavischen Ländern? Im Buchhandel sind jedenfalls nur dänische und schwedische „Ratgeber“ erhältlich.
Ja, Hygge ist auch norwegisch! Für mich ist das Land sogar die Heimat dieses Lebensstils. Allein, man fasst diesen nicht literarisch in Worte, sondern setzt ihn einfach in die Tat um. Und das schon seit vielen Jahrzehnten.

Das heutzutage vor allem im Dänischen angewendete Wort Hygge hat seinen eigentlichen Ursprung im Norwegischen und leitet sich vom altnordischen hyggja (Gedanke, Sinn) ab. Auch das schwedische Hyggegefühl, „Lagom„, ist Teil der norwegischen Sprache. Es ist die Mehrzahl des Wortes „lag“ und bezeichnet genau passende, richtige, ausbalancierte Verhältnisse, die ja die Grundlage für das Wohlbefinden sind.
Für einen wirklich ausgewogenen nordischen Dreiklang gesellt sich ein weiteres, nahezu unbekanntes, rein norwegisches Wort hinzu. Es heißt „Kos“ und bezeichnet ein gemütliches Beisammen- und Dasein. Gesprochen wird es mit einem langen U und währenddessen Hygge sprachlich eher etwas unruhig und flippig daher kommt, und Lagom schon Anklänge von langweilig hat, meint man bei einem entspannt yoga-gehauchtem „kuuuuus“ schon Schneesturm und prasselndes Feuer zu hören, zündet gedanklich schon mal Kerzen an und kuschelt sich in mollige Decken und flauschige Norwegerpullover ein. (Deren Heimat ist ja nicht umsonst „Das Land des Kos„.)

Die norwegische Art der Erholung gibt es grammatikalisch an jede Lebenssituation angepasst als Substantiv (kos), Adjektiv (koselig) und Verb (kose seg). Die Wörter hängen wahrscheinlich mit dem Dialektwort „kosa“ zusammen. Diesem können zwei interessante sprachliche Grundlagen zugeordnet werden. Zum einen das norwegische Wort „kost“, das einen Besen bezeichnet, zum anderen der deutsche Begriff „liebkosen“. Man reinigt also einen Raum, oder auch das Dasein im Allgemeinen und Speziellen, von allem Dreck und Unrat, um das Leben oder auch andere Menschen umarmen und liebkosen zu können.
Kos hielt übrigens vom Norwegischen über das Schottische ins Englische Einzug und wird nun in Form des Wortes cozy (gemütlich) um die Welt getragen.

Sprachlich werden hygge, lagom und kos im Norwegischen unterschiedlich häufig angewendet. Während das Adjektiv lagom praktisch nur im Wörterbuch existiert, kommt hygge in der Redewendung „å hygge seg“ (es sich gemütlich machen) ziemlich oft vor. Man kann dabei einen „hyggekveld“ (Hyggeabend) zum Beispiel mit Freunden (venner), einem Glas Wein (et glass vin) oder vor dem Kamin (foran peisen) verleben. Dabei hat man es oft sehr „hyggelig“ (nett) oder eben „koselig“ (gemütlich).
Kos wird auch gerne als Silbe angehangen. „Peiskos“ ist dann Hygge vor dem Kamin, „skikos“ ist Hygge auf zwei langen Brettern (die für Norweger die Welt bedeuten) und „hyttekos“ das Wohlbefinden in der Urlaubshütte.

Hütte, Kamin, Ski fahren (oder wandern) – im Grunde ist dies die kurze, einleuchtende Formel norwegischen Glücks. Vor allem ist es jedoch die eigene hytte, von denen es im Land weit über 400.000 gibt. Im Gebirge oder am Wasser gelegen ist sie der Inbegriff von Erholung, Entspannung und allgemeinem Wohlbefinden. Sie ist einfach koselig (kuuuuuuseliiii).

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