Beitrag vom Freitag, 15. April 2016
Eine verwinkelte Angelegenheit – Der Rosenkrantzturm
In Bergen steht die Festung Bergenshus, die im Mittelalter Residenz zahlreicher norwegischer Könige war. Ein wichtiger Bestandteil der Anlage ist der Rosenkrantztårn – ein Turm, der der Wohn- und Verteidigungsanlage in einem war. Es ist ein besonderes Erlebnis, auch und besonders für Kinder, diese verwinkelte Anlage zu erkunden.
Der älteste Teil, das so genannte Kastell, wurde um 1270 auf Anweisung König Magnus VI Håkonsson (1238-1280) am Wasser erbaut. Das quadratische, von einem Wallgraben geschützte, Gebäude besaß einen Keller und drei Etagen, inklusive Kapelle und Übergang zum Königshof.
Ein erster Umbau des Turms erfolgte nach einem Brand zwischen 1514 und 1523 unter der Leitung des Burghauptmanns Jørgen Hanssøn. Die Anordnung der Etagen wurde verändert. Eine neue Mauer und ein Vorwerk sollten den neuen Eingang schützen, der sich nun innerhalb der Festungsanlage befand.
Sein heutiges Aussehen erhielt das Bauwerk jedoch in der Zeit der Renaissance, in den 1560er Jahren. Auf Anweisung des dänischen Königs, unter dessen Herrschaft Norwegen stand, sollte der dänische Adelsmann und Lehnsherr Erik Rosenkrantz (1519-1575) das Kastell abreißen lassen. Um gegenüber den Hanseaten seine Macht unter Beweis zu stellen, ließ dieser es stattdessen jedoch umbauen und aufstocken. Kastell und Vorwerk wurden baulich zu einer Einheit zusammengefasst und die Etagen nochmals neu angeordnet. Eine Wendeltreppe verband diese nun und führte hinauf zum Flachdach mit mittigem Zwiebelturm. Das heute zu sehende Spitzdach wurde erst 1870 aufgesetzt.
Durch die Explosion im Hafen im Jahre 1944 wurde der Turm stark beschädigt, konnte jedoch unter Leitung des norwegischen Architekten und Archäologen Gerhard Fischer (1890-1977) restauriert werden. Teile des Kastells wurden in den Originalzustand zurückversetzt.
Die Fassade des Rosenkrantzturms ziert ein Specksteinrelief. Die Jahreszahl 1563 verweist auf das Ende des Umbaus, die goldene Inschrift hingegen auf die Zeit der Explosion und der Sanierung. Darunter ist das Wappen Erik Rosenkrantz` und seiner Frau Helvig Hardenberg zu sehen.
Man betritt das Gebäude über das äußere Portal des zur Zeit Jørgen Hanssøns erbauten, damals noch offenen Vorwerks. Im Eingangsbereich sind deutlich zwei verschiedene Bauabschnitte zu sehen. Zum einen die gotischen Fenster der Kapelle des mittelalterlichen Kastells, zum anderen die Reste des zum Beginn des 16. Jahrhunderts erbauten inneren Portals, samt den Initialien Jørgen Hanssøns (I.H.S.). Ein großer Plan neben der Kasse verdeutlicht den komplizierten Aufbau des Turms. An den Wänden angebrachte Pfeile weisen nun den Weg durch das steinerne Labyrinth, das ein Ergebnis der verschiedenen Bau- und Umbauphasen sowie Etagenanpassungen ist.
Der Rundgang führt zunächst in den Keller und anschließend über verwinkelte Treppen hinauf in das mittelalterliche Kastell. Vorbei an der Wachstube, wo sich der Übergang zum Königshof befand, gelangt man in König Magnus` Kapelle. Zu sehen sind hier die Reste des alten Specksteinaltars. Auffallend sind die Löcher in den unteren Wänden. Diese trugen Balken und verweisen auf das höhere Bodenniveau zur Zeit Erik Rosenkrantz`. Im Zuge der Renovierungsarbeiten in den 1960er Jahren wurden die Balken entfernt und das mittelalterliche Bodenniveau wieder hergestellt. Ebenfalls aus der Zeit des 16. Jahrhunderts ist der Eckkamin.
Im nun folgenden Stockwerk lag vermutlich die Schlafkammer des Lehnsherren. Im 17. Jahrhundert trug der Raum den Namen „Königssaal“, residierte doch hier der dänische König Christian IV. während seines Aufenthaltes in Bergen. Das Bodenniveau entspricht nun dem der Anbauten.
Steigt man weiter treppauf, so erreicht man den erhabenen Herrensaal, in dem Kopien der Skulpturen der Außenwände zu sehen sind. In den zwei Räumen des darüber liegenden Dachbodens standen einst Kanonen, die jedoch nur ein Mal, während der Schlacht im Hafen von Bergen im Jahre 1665, zum Einsatz kamen. Für neugierige Naturen ist jedoch auch an dieser Stelle noch nicht Schluss. Über eine Holztreppe gelangt man noch höher, in das 1870 aufgesetzte Spitzdach. Von hier führt eine Tür hinaus auf den von Zinnen gesäumten Turm-Umgang. Die Dachkammern selbst bilden den Rahmen für wechselnde Ausstellungen, u.a. zum Bergener Stadtgesetz (siehe Exkurs) und über einstige, nahe gelegene Mittelalterkirchen, von denen man während der Sanierungsarbeiten Reste fand.
Der Abstiegt erfolgt über die Wendeltreppe, die in einer der beiden Dachkammern beginnt. Über diese gelangt man, vorbei am Herrensaal, in die „Fru Helviks kammer“, dem Gemach der Gattin Erik Rosenkrantz`. Darunter gelegen, die Räumlichkeit des Lehnsherren selbst. Beachtenswert sind hier der erhabene Kamin, das Wappen und der Abguss der Platte des Grabes der Eheleute im dänischen Arreskov. Über die neue Wachstube und einem Abzweig zum einstigen Abort hinter der Kapelle gelangt man zurück zum Eingang.
Verfasst von Martin Schmidt
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