Beitrag vom Montag, 23. Mai 2022
Die Drachenkirche (Stabkirche) von Stiege im Harz
Es hat tatsächlich geklappt! Die Drachenkirche von Stiege wurde transloziert, also an einen neuen Ort umgesetzt. Notwendig geworden war dieses finanziell und technisch gewagte Vorhaben, da am alten Standort Wind, Wetter und Vandalismus dem baulich einmaligen Gebäude arg zusetzten. Nun, in der Nähe des Bahnhofs inmitten des Ortszentrums von Stiege, kann das Gebäude für die Zukunft erhalten werden. Insgesamt sammelte der Verein 1,3 Mio. Euro für dieses Vorhaben.
Allerdings, anders als in den Medien, wie der Mitteldeutschen Zeitung und dem MDR erwähnt, handelt es sich bei dem Bau nicht um eine Stabkirche, da für diese unter anderem eine tragende Konstruktion aus Säulen („Stäben“) unabdingbar ist. (Ich verweise da auf diesen Wikipedia-Artikel.) Bei der Kapelle in Stiege handelt es sich hingegen um eine Kirche in Blockbauweise, wie mir der Verein auch mal in einer Mail mitteilte: „Dieses Bauwerk ist den nordischen Stabkirchen nachempfunden, aber in Blockbohlenbauweise 1904/05 errichtet wurden.“ (sic!)
Dass es sich nun also nicht um eine Stabkirche handelt schmälert in keiner Weise die kulturhistorische Bedeutung dieses Bauwerks, ist jedoch trotzdem etwas ärgerlich. Natürlich ergibt sich durch den Namen „Stabkirche“ eine deutlich bessere Vermarktungsmöglichkeit, zeugt aber auch von einer gewissen Gleichgültigkeit gegenüber der norwegischen Baukultur.
Doch was zeichnet das Gebäude dann aus?
Nun, verziert wurde die Kapelle in Stiege im so genannten „Drachenstil“.
Als Drachen werden jene Dachreiter heidnischen Ursprungs genannt, die mittelalterlichen Stabkirchen schmücken. Der „dragestil“ kam um 1880 im Zuge einer nationalromanischen Bewegung in Norwegen auf. Herausragende Beispiele sind das Dalen Hotel, die Buksnes Kirche auf den Lofoten und das Restaurant Frognerseteren in Oslo. Im Ausland hingegen ist der Stil nur sehr wenig verbreitet. Die 1904/05 erbaute Kirche in Stiege ist daher wirklich etwas Besonderes. Auch dass das Gebäude von der Firma W. Witte aus Osterwieck in einem später vom Bauhaus angewendeten Baukastenprinzip errichtet wurde, ist durchaus einmalig.
Also, die Kirche zu Stiege wurde im Baukastenprinzip im Drachenstil errichtet und ahmt damit in einzelnen Teilen das Aussehen der norwegischen Stabkirchen nach. Eine Stabkirche ist es jedoch nicht.
Copyright Titelbild: Regina-Bierwisch
Verfasst von Martin Schmidt
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