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Beitrag vom Freitag, 30. August 2013

Die norwegische Parteienlandschaft

Bald ist Wahl in Norwegen und das lohnt sich ein Blick auf die einzelnen Parteien und deren Ziele. Die Vielfalt ist, anders als in Deutschland, groß. Und so dürfte eigentliche für jede demokratisch orientierte politische Gesinnung etwas „dabei“ sein.

Die aktuell zwei großen Volksparteien

Arbeiderpartiet (Ap) – Arbeiterpartei

Die 1887 gegründete Arbeiterpartei (Ap) ist die große Volkspartei des Landes. Sie stellte die meisten Ministerpräsidenten. Auch der aktuelle, Jens Stoltenberg, gehört der Ap an. Die großen Verdienste der Partei liegen im sozialen Sektor. Sie schuf und prägte den norwegischen Wohlfahrtsstaat wie keine andere Partei.

Mitgliederzahl: 55.000
Parteileiter: Jens Stoltenberg
Politische Richtung: sozialdemokratisch

Image der Partei: Für die einen ist die Ap die Partei schlechthin. Ihr ist viel zu verdanken, vor allem, dass es Norwegen auch in Krisenzeiten immer gut ging und das Land es geschafft hat, allen ein gutes Wohlstandsniveau zu bieten. Anderen Norwegern geht die Partei, salopp gesagt, enorm auf die Nerven, da sie einfach zu viel Macht hat und schon zu lange die Geschicke des Landes bestimmte. Tenor: „Jetzt sollen es mal andere richten.“ Zudem machen vor allem bürgerliche Norweger die Ap dafür verantwortlich, dass Norwegens wirtschaftliche, infrastrukturelle und bildungspolitische Struktur unflexibel und zu wenig zukunftsorientiert ist.

Einige Ziele: Gute Arbeit und Arbeitsverhältnisse für alle. Nur staatliche Krankenhäuser, keine privaten. Gute Schulen, extra Unterstützung für die schwachen. Eliteförderung. Keine privaten Schulen

Høyre (H) – Rechts

Høye (auf Deutsch: Rechts) ist die konservative Partei des Landes und derzeit der große Widersacher der Arbeiterpartei. Die Partei wurde 1884 gegründet. Sie sieht sich selbst als Anti-sozialistische, bürgerlich-christliche Partei. Im Großen und Ganzen ist sie mit der CDU vergleichbar. Vorsitzende der Partei ist Erna Solberg, die, wie auch der amtierende Ministerpräsident Jens Stolenberg, große Sympathien genießt.

Mitgliederzahl: 37.000
Parteileiter: Erna Solberg
Politische Richtung: konservativ, marktkapitalistisch

Image der Partei: Høyre gilt als moderne Partei. Ihre Anhänger trauen ihr einen neuen, deutlich wirtschaftsfreundlicheren Kurs zu. Ihre Gegener kritisieren genau das, nämlich dass sozial schwache auf der Strecke bleiben. Die Partei ist somit als ziemlich marktradikal verschrien.

Einige Ziele: Verbesserung der Schulen. Mehr Schüler an Gymnasien und Hochschulen. Mehr Studienförderung. Noch mehr Wahlmöglichkeiten bei Krankenhäusern und Art der Behandlung. Verbesserte Behandlungsmöglichkeiten. Mehr Angestellte in Altenheimen. Verbesserung des Wege- und Schienennetzes. Weniger/keine Maut. Steuersenkungen. Förderung von Unternehmen durch Steuererleichterungen.

Andere Parteien von „links“ nach „rechts“

Rødt (R) – Rot

Die ”Roten” sind eine relativ kleine Partei. Mit einen durchschnittlichen Stimmenanteil von 1,5 % hat die Partei auch nur regionale Bedeutung, wobei es Einzelkandidaten durchaus in das Parlament schaffen könnten. Rødt vertritt marxistisch-sozialistische Ziele, wie der Abzug der Truppen aus Afghanistan und eine deutliche offenere Asylpolitik.

Mitgliederzahl: 1800
Parteileiter: Bjørnar Moxnes
Politische Richtung: marxistisch, revolutionärer Sozialismus.

Einige Ziele: Gerechtere Verteilung des Geldes. Bekämpfung von Ungleichheiten. Weniger Macht für Reiche. Mehr Geld und Betreuungszeit für/im das Gesundheitswesen. Aktive Friedenspolitik. Keine Teilnahme an Kriegen.

Sosialistisk Venstreparti (SV) – Sozialistische Linkspartei

Der Name dieser Partei klingt recht martialisch, am Ende ist SV jedoch eine relativ angepasste linke Partei, die in der derzeitigen Koalition ziemlich stark von der Arbeiterpartei in die Schranken verwiesen wird und eines ihrer, durchaus lobenswerten, Ziele umsetzen konnte. Dementsprechend schlecht sind die Umfrageergebnisse.

Mitgliederzahl: 9.400
Parteileiter: Audun Lysbakken
Politische Richtung: rot-grün

Einige Ziele: Stärkung des Wohlfahrtsstaates. Gleiche Rechte für alle. Keine privaten Krankenhäuser oder Schulen. Keine Steuersenkungen. Umweltschutz. Besserer Öffentlicher Transport. Keine Ölbohrungen vor den Lofoten. Investition in Bus und Bahn. Sichere Straßen.

Miljøpartiet De Grønne (MDG) – Umweltpartei Die Grünen

Die Grünen gibt es ja in nahezu allen Ländern. Da in Norwegen auch SV, die Zentrumspartei und Venstre als grüne Parteien gelten, spielte die MDG mit 0,1 – 0,4 % bislang kaum eine Rolle. Dies hat sich geändert. Aktuell können die Grünen damit rechnen, in das Parlament einzuziehen. Die grünen Ziele der Partei sind relativ radikal, insofern handelt es sich noch um eine echte Umweltschutzpartei. Sie basieren auf der Tiefenökologie von Arne Næss und der Gewaltfreiheit von Mahatma Gandhi.

Mitgliederzahl: 1.800
Parteileiter: kein Leiter, Sprecher: Hanna Marcussen und Harald A. Nissen
Politische Richtung: grün

Einige Ziele: Abschaffung der Ölindustrie. Neue Energien fördern. Starke Förderung des Öffentlichen Nahverkehrs. Kürzere Arbeitszeiten statt höherer Lohn. Weniger Konsum. Solidarität mit den Unterdrückten und den künftigen Generationen.

Senterpartiet (Sp) – Zentrumspartei

Die Zentrumspartei unterstützt die Anliegen der Landwirte des Landes. Es ist eine Partei der Mitte, mit leicht linker, grüner Orientierung. Sie ist tendenziell europaskeptisch. Die derzeitige Parteileiterin ist relativ charismatisch, was der Partei Stimmen verschafft.

Mitgliederzahl: 17.000
Parteileiter: Liv Signe Navarsete
Politische Richtung: rot-grün

Einige Ziele: Besseres Transportsystem (Straße & Schiene), so dass gleicher Lebensstandart in Stadt und Land möglich ist. Umweltschutz. Weniger Ausstoß an Klimagasen. Längere Lebensarbeitszeit. Stützung und Förderung der Älteren (sozial, ökonomisch, sportlich).

Kristelig Folkeparti (KrF) – Christliche Volkspartei

Die KrF vertritt christliche Werte und erzielt ihre besten Werte im Bibelgürtel von Süd- und Südwestnorwegen. Die Partei setzt sich gegen Unterdrückung und für Menschenrechte, Arme und Kinder ein. Auch die Familie steht zentral in der Politik der KrF. Vielen ist die Partei zu wenig dynamisch und zu „angestaubt“, andere schätzen genau dies. Die KrF könnte sich eine Koalition mit Høyre und Venstre vorstellen, nicht jedoch mit der populistischen FrP.

Mitgliederzahl: 33.800
Parteileiter: Knut Arild Hareide
Politische Richtung: christlich, bürgerlich

Einige Ziele: Eine Gesellschaft mit Platz für alle. Förderung des Zusammenlebens mit Behinderten. Ältere Menschen sollen sich sicher und geborgen fühlen. Armutsbekämpfung. Förderung sozial benachteiligter Kinder. Weiterhin Elterngeld für Familien. Ausweitung der Elternzeit.

Venstre (V) – Links

Venstre heißt Links, die Partei ist aber eher rechts der Mitte anzusiedeln. Das verwirrt, auch die Wähler. Somit konnte die Partei bislang immer nur 4-5 % der Stimmen erkämpfen. Doch jede Krise ist einmal zu Ende und so kann die älteste Partei des Landes, 1884 gegründet, bei der kommenden Wahl mit einer deutlichen Verbesserung der Wahlergebnisse rechnen. Politisch ist Venstre eine grüne FDP. Liberal, aber mit umweltpolitischen Aspekten. Würde mit Høyre und KrF eine bürgerliche Koalition bilden, nicht jedoch mit der Fortschrittspartei.

Mitgliederzahl: 9.500
Parteileiter: Trine Skei Grande
Politische Richtung: grün und liberal

Einige Ziele: Gut ausgebildete Lehrer. Längere Ausbildungszeit für Lehrer. Weniger Verunreinigung der Umwelt. Klima-, Tier- und Pflanzenschutz. Nachhaltigkeit. Mehr Fürsorge für von Armut betroffene Kinder und Kranke. Billigere Kindergärten. Gutes Gesundheitsangebot vom Staat. Investitionen in Transportwesen. InterCity Ausbau. Förderung der Forschung. Umstrukturierung der Wirtschaft – mehr zukunftsorientiert.

Fremskrittspartiet (FrP) – Fortschrittspartei

Die Partei nennt sich Fortschrittspartei und ihr Symbol ist der (sündige) Apfel. Gegründet wurde sie als rechte Protestpartei im Jahr 1973. Zeitweise wies die FrP eine rechte bis rechtsextreme Tendenz auf. Heute gilt die FrP als stark populistische Partei, die Wähler am rechten Rand auffängt und zwar durch extreme Äußerungen auffällt, jedoch ein demokratisches Wahlprogramm besitzt. Laut eigner Aussage möchte die FrP nicht mit den extremistischen Parteien Schwedens, Dänemarks oder Deutschlands verglichen werden und verweigert auch eine diesbezügliche Zusammenarbeit. Manche Sozialwissenschaftler bezeichnen ihre Ausrichtung als „Rechtsextremismus light“ (wikipedia).
Die Partei ist derzeit die drittstärkste des Landes. Ihre Ziele sind eine restriktive Ausländerpolitik, eine extrem wirtschaftsliberale Ausrichtung des Landes, bei geringem Umweltschutz. Die meisten Wähler gewinnt die Partei jedoch durch ihre Forderung der Abschaffung der Straßenmaut und dem radikalen Ausbau des Straßennetzes. Auch wünscht die Partei eine enge Zusammenarbeit mit den USA und Israel. Sie kann mit rund 15% der Wählerstimmen rechnen.

Mitgliederzahl: 22.600
Parteileiter: Siv Jensen
Politische Richtung: rechtspopulistisch, konservativ

Einige Ziele: Geringere Abgaben auf PKW und Lebensmittel. Mehr Freiheit für den Bürger. Mehr Geld für die eigene Tasche. Private Krankenhäuser, keine Wartezeiten. Recht auf Platz im Altenheim. Private Schulen zulassen. Strengere Strafen für Gesetzessünder.

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