Beitrag vom Samstag, 18. Mai 2019
Christian Michelsen und die Unabhängigkeit Norwegens
Nachdem Norwegen als Folge der Napoleonischen Kriege von Dänemark an Schweden fiel, gelang es dem Land, durch die Verabschiedung eines Grundgesetzes am 17. Mai 1814 eine gewisse innenpolitische Unabhängigkeit zu erlangen. Außenpolitisch wurde Norwegen jedoch weiter durch Schweden vertreten, und zwar in Person des schwedischen Königs. Aufkommende nationalistische Strömungen führten zur Verschlechterung des Verhältnisses beider Länder. Es wurden Befürchtungen laut, die norwegischen Forderungen nach Parlamentarismus, einem allgemeinen Stimmrecht, einer eigenen Flagge und einer Begrenzung der königlichen Macht könnten auch in der schwedischen Bevölkerung Gehör finden.
Der Konflikt gipfelte darin, dass Norwegens Regionalregierung unter Leitung des konservativen Reeders Christian Michelsen (1857–1925) die Einrichtung eigener konsularischer Vertretungen im Ausland beschloss. Das Konsulargesetz wurde jedoch, wie erwartet, vom schwedischen König Oscar II. zurückgewiesen. Mit der Begründung, dass dieses Vorgehen im Widerspruch zum Grundgesetz stehe, erklärte die norwegische Regierung ihren sofortigen Rücktritt. Es war nun die Pflicht des Königs, eine neue Regierung zu bilden. Da er auf massiven Widerstand stieß, misslang dies.
Am 7. Juni 1905 wertete das norwegische Parlament Storting dies als Ohnmachtserklärung und faktische Abdankung des Königs und erklärte die Union für aufgelöst.
Oscar II. seinerseits lehnte diese Erklärung wiederum ab und forderte eine Volksabstimmung ein. Die Abstimmung besiegelte mit 368.392 Ja und nur 184 Nein-Stimmen die Unabhängigkeit, die im Vertrag von Karlstad festgehalten und am 26. Oktober 1905 vollzogen wurde. Als einer der maßgeblichen Architekten der Unabhängigkeit wurde Christian Michelsen zum ersten Ministerpräsidenten Norwegens gewählt. In einer weiteren Volksabstimmung erklärten die Norweger mehrheitlich, der dänische Prinz Carl solle den vakanten norwegischen Thron übernehmen. So wurde die Grundlage für die heutige parlamentarische Monarchie gelegt.
Michelsen erhielt am 25. November 1905 das Großkreuz des Sankt-Olav-Ordens für besondere nationale Verdienste.
Verfasst von Martin Schmidt
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